Was ist das 1 RED-S-Syndrom?

Eine unterschätzte Gefahr für Leistung und Gesundheit im Sport.

Group 15 18.03.2024 |    Minuten Lesezeit
Expertenwissen
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1997 wurde vom American College of Sports Medicine (ACSM) der Begriff „Female Athlete Triad“ eingeführt. ¹ Dieses Syndrom umfasst eine Kombination von drei Gesundheitsproblemen bei weiblichen Athletinnen. Darunter Essstörungen, Menstruationsstörungen (Amenorrhö) und Osteoporose. Die Prävalenz – und damit die Häufigkeit – wird von Experten und Expertinnen sehr hoch geschätzt. Eine Studie der Universität Leipzig kam zu dem Ergebnis, dass ungefähr 31 Prozent der Ausdauerathletinnen im Leistungssport an Zyklusstörungen leiden.²

2014 wurde vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ein neuer Begriff geprägt: Das Relative Energiedefizit im Sport (RED-S). Dieser Begriff ist weiter gefasst und beinhaltet zusätzliche mögliche Symptome.³ Auch wird der Begriff für Männer herangezogen, sie können ebenfalls betroffen sein, wenn auch seltener. Es wird davon ausgegangen, dass von Leistungssportlerinnen und Leistungssportlern über 60 Prozent betroffen sind. Und auch bei ambitionierten Hobbysportlerinnen und Hobbysportlern liegt die Wahrscheinlichkeit bei 40 bis 50 Prozent. ⁴ Gleichzeitig ist diese Gesundheitsproblematik jedoch kaum bekannt und wird oft unterschätzt. Laut einer amerikanischen Studie kannten in den USA nur 33 Prozent der Leichtathletik-Trainerinnen und -Trainer das RED-S-Syndrom.⁵

Was ist das RED-S-Syndrom?

Das RED-S-Syndrom ist eine komplexe Gesundheitsstörung, die auftritt, wenn die Energieaufnahme einer Sportlerin oder eines Sportlers nicht ausreicht, um den gesamten Energieverbrauch zu decken. Ursache ist meistens exzessives Training in Kombination mit einer zu geringen Energie- bzw. Kalorienzufuhr. Das Resultat ist ein über längere Zeit bestehendes Energiedefizit. Das heißt, die Fettreserven des Körpers werden aufgebraucht und zu wenig neue Energie in Form von Nahrung wird zugeführt. Gefährdet sind besonders Athletinnen und Athleten, für die ein geringes Körpergewicht von Vorteil ist. So beispielsweise im Ausdauersport sowie in Sportarten mit Gewichtsklassen, wie Rudern und Boxen, oder Sportarten, in denen Ästhetik besonders gefragt ist. Die Wurzeln vom RED-S-Syndrom liegen oft im Optimierungswahn, Leistungsdruck und dem Nacheifern falscher Vorbilder.

Wie erkennt man das RED-S-Syndrom?

Das RED-S möglichst früh zu erkennen, ist wichtig, um schwerwiegende Verletzungen und langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden. Im September 2023 hat das IOC eine zweite und somit aktuelle Version eines Instruments veröffentlicht, um die Erkennung und klinische Diagnose von RED-S zu erleichtern. ⁶ Das RED-S-Syndrom hat sowohl Auswirkungen auf die Gesundheit als auch auf die Leistungsfähigkeit. ⁷ Häufig auftretende Symptome und die gesundheitlichen Auswirkungen werden nachfolgend genauer beschrieben. ⁸

  • Beeinträchtigung der Knochengesundheit (z. B. abnehmende Knochendichte)

  • Zyklusstörungen und Beeinträchtigung der Reproduktionsfähigkeit

  • Hormonelle Störungen (z. B. Testosteron, Östrogen)

  • Eingeschränktes Wachstum und gestörte Entwicklung

  • Beeinträchtigungen vieler Körperfunktionen (z. B. Magen-Darm, Herzfunktion, Hirnfunktion, Stoffwechsel etc.)

  • Erhöhte Verletzungsanfälligkeit und Ermüdungsbrüche aufgrund einer Beeinträchtigung der Skelettmuskulatur

  • Erhöhte Infektanfälligkeit aufgrund einer Beeinträchtigung der Immunität

  • Harninkontinenz

  • Schlafstörungen mit einhergehender Erschöpfung und Müdigkeit

  • Psychische Beschwerden (z. B. Depression) ⁹

Wenn eines oder mehrere der beschriebenen Symptome, ein signifikanter Gewichtsverlust oder Anzeichen einer Essstörung auftreten, wird dringend geraten, ärztlichen Rat einzuholen.

Wie unterscheidet sich das RED-S-Syndrom bei Männern und Frauen?

In der sportwissenschaftlichen Forschung scheint das RED-S-Syndrom die einzige Ausnahme zu sein, bei der hauptsächlich weibliche Athletinnen untersucht wurden. Dies liegt daran, dass es mehr Studien insbesondere in Bezug auf den Einfluss des Menstruationszyklus gibt. Seit 2018 wurden 178 Studien zu niedriger Energieverfügbarkeit oder RED-S veröffentlicht, von denen nur etwa 20 Prozent männliche Teilnehmer hatten.¹⁰ Trotz dieser Forschungslücke zeigen sich einige geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Symptome und Auswirkungen. Bei Frauen sind Menstruationsstörungen ein häufiges Anzeichen für RED-S. Der Energiemangel kann dazu führen, dass der Körper nicht genügend Energie für die Aufrechterhaltung des Menstruationszyklus hat, was langfristig zu Fruchtbarkeitsproblemen führen kann.

Bei Männern kann das RED-S-Syndrom ebenfalls schwerwiegende Folgen haben. Es kann einen niedrigen Testosteronspiegel bewirken, was zu Muskelschwäche, Libidoverlust und Stimmungsschwankungen führen kann. Zudem sind auch Männer von Knochenproblemen und Verletzungen betroffen. Aktuelle Forschung beschäftigt sich vertiefend mit den Auswirkungen des RED-S-Syndroms bei Männern. ¹¹

Insgesamt ist das RED-S-Syndrom eine ernsthafte Gesundheitsstörung, die Sportlerinnen und Sportler jeden Geschlechts betreffen kann. Die Sensibilisierung für diese Problematik ist entscheidend, um frühzeitig gegensteuern zu können. Betroffene sollten unbedingt ärztlichen Rat einholen und ihre Ernährung und Trainingspraktiken überdenken, um ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten.