Schlaf ist ein fundamentales Grundbedürfnis und beeinflusst die Gesundheit und das Wohlbefinden jedes Menschen. Dabei spielt nicht nur die Schlafdauer, sondern auch die subjektiv empfundene Schlafqualität eine entscheidende Rolle. Mit Blick auf die Schlafdauer empfehlen Schlafforschende für Erwachsene rund 7,5 Stunden Schlaf.¹ Diese Angabe bezieht sich auf die Zeit des Einschlafens bis zum Aufwachen und anschließendem Wachbleiben. Doch die reine Einhaltung der empfohlenen Schlafdauer bezweckt nicht automatisch einen erholsamen und guten Schlaf. Ebenso wichtig ist die Schlafqualität. So können beispielsweise Einschlafprobleme oder Unterbrechungen des Schlafes die Schlafqualität beeinträchtigen. Grundsätzlich ist die Schlafqualität von vielen Faktoren abhängig und sehr individuell. Trotzdem gibt es gewisse Verhaltensweisen und Faktoren, die sich positiv auf den Schlaf auswirken. Dazu zählt unter anderem der Einflussfaktor Sport. Um nachvollziehen zu können, wie körperliche Aktivität bzw. Sport die Schlafqualität verbessert, wird zunächst das Grundkonzept des Schlafs erklärt.
Was im Schlaf passiert
Für viele Menschen besteht das Schlafen aus hinlegen, Augen zumachen, einschlafen und nach einer gewissen Zeit wieder aufwachen. Dabei wissen die Wenigsten, welche komplexen Prozesse während des Schlafens ablaufen. Dies wird anhand der verschiedenen Schlafphasen deutlich. Übergeordnet lässt sich der Schlaf in den sogenannten NREM-Schlaf (non-rapid eye movement) und REM-Schlaf (rapid eye movement) unterteilen.
NREM-Schlaf
Der NREM-Schlaf ist wiederum in drei Phasen gegliedert:
1. Phase NREM-Schlaf: Diese Phase umfasst den Übergang vom Wachsein zum Schlaf. Dabei beschäftigt sich der Körper hauptsächlich mit den physischen Funktionen des menschlichen Systems. Die Atemfrequenz, der Puls und die Körpertemperatur werden reduziert, die Muskeln entspannen sich und, wie der Name der übergeordneten Phase es beschreibt, die Augenbewegung verlangsamt sich.
2. Phase NREM-Schlaf: In dieser Phase werden alle genannten Prozesse weiter herunterreguliert. Es kommt zu einer noch langsameren Atmung und Herzfrequenz, die Körpertemperatur sinkt weiter und die Augenbewegungen hören vollständig auf.
3. Phase NREM-Schlaf: Die letzte Phase des NREM-Schlafs ist die tiefste und erholsamste Schlafphase. Hierbei erreichen der Herzschlag, die Atmung sowie die Hirnaktivität den niedrigsten Punkt. Dadurch ist es in dieser Phase besonders schwer, geweckt zu werden.
REM-Schlaf
Nach den NREM-Schlafphasen folgt der REM-Schlaf. In dieser Phase träumt der Mensch. Dabei steigt die Atem- und Herzfrequenz, die Augen bewegen sich schnell unterhalb des Augenlids und das Gehirn ist fast so aktiv wie im wachen Zustand. Damit die Inhalte der Träume nicht physisch umgesetzt werden, befindet sich der Körper in einem paralysierten Zustand, sodass es zu keinen Bewegungen kommt. Der REM-Schlaf beeinflusst insbesondere das Gedächtnis und Lernvorgänge. So zeigen Studien einen Zusammenhang zwischen Träumen und Demenz auf. Dabei wurde herausgestellt, dass Personen, die wenig träumen bzw. nicht in der Lage waren, genügend REM-Schlaf zu erlangen, ein erhöhtes Risiko für Demenz aufweisen.²
Demnach zeichnet sich ein tiefer und erholsamer Schlaf durch das vollständige Durchlaufen aller angeführten Phasen aus. Dabei ist anzumerken, dass die verschiedenen Schlafphasen nicht nur einmal, sondern mehrmals während einer Nacht durchlaufen werden. So können nötige Verarbeitungs- und Regenerationsprozesse Stück für Stück im Schlaf stattfinden. Um den Schlaf und die zugehörigen Prozesse übergeordnet zu unterstützen, kann die körperliche Aktivität bzw. Sport als Einflussfaktor herangezogen werden.
Das Zusammenwirken von Sport und Schlaf
Körperliche Aktivität kann sich äußerst positiv auf die Schlafqualität auswirken. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig Sport treiben, im Allgemeinen eine bessere Schlafqualität haben als Menschen, die nicht aktiv sind.³ „Sport und Schlaf hängen sehr eng zusammen und Sport wirkt sich definitiv positiv auf die Schlafqualität aus. Nach einer sportlichen Belastung ist die Einschlafzeit kürzer und der Anteil des Tiefschlafs höher “, betont die Schlafexpertin Frau Prof. Dr. Kneginja Richter.
Durch körperliche Aktivität wird nicht nur die körperliche Energie und Ausdauer gesteigert, sondern auch der Abbau von Stress und Angst gefördert. Während zu wenig Schlaf bzw. Schlafmangel den Cortisol-Spiegel (Stresshormon) steigen lässt, sorgt eine erholsame Nacht für die Reduktion von Stress.⁴ Doch gleichzeitig sorgt ein erhöhtes Stresslevel für die Verminderung der Schlafqualität und kann somit zu einer Negativspirale aus zu viel Stress, schlechtem Schlaf und noch mehr Stress führen.⁵ Um dies zu vermeiden, kann die stressmindernde Wirkung durch Sport genutzt werden.
Sportliche Aktivitäten können die Produktion von Endorphinen, den sogenannten „Glückshormonen“, erhöhen. Diese vermitteln ein Gefühl von Wohlbefinden, reduzieren Stress und helfen dabei, zu entspannen.⁶ Darüber hinaus führt Sport zu einer Erhöhung der Körpertemperatur. Das anschließende Abkühlen des Körpers hat ebenfalls einen entspannenden Effekt und wirkt sich positiv auf einen erholsamen Schlaf aus. Doch nicht jeder Sport wirkt gleichermaßen auf den Körper und den Schlaf. Je nach Intensität können sich die Effekte unterscheiden und auch weitere Aspekte wie der zeitliche Abstand von Sport zur Schlafenszeit oder der Schlaftypus sind zu beachten.
Schlaffördernde Sportarten und der Faktor Zeit
Im Hinblick auf einen tiefen und erholsamen Schlaf können unter anderem Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren dazu beitragen, den Körper zu ermüden und die Schlafqualität zu erhöhen. Hierbei wurde deutlich, dass moderate körperliche Aktivität einen besseren Einfluss auf die Schlafqualität hat als intensive Aktivität. ⁷ Hintergrund dieser Erkenntnisse ist unter anderem die Verbesserung der Herzfrequenzvariabilität durch Ausdauersportarten. Prof. Dr. Kneginja Richter erklärt dies folgendermaßen: „Die Herzfrequenzvariabilität ist eine Eigenschaft des Herzens, sich schnell auf höhere, aber auch niedrigere Frequenzen anzupassen. Das heißt, ein gesundes, sportliches Herz ist in der Lage sich unproblematisch zwischen maximaler und minimaler Herzfrequenz zu bewegen.“ Da die Herzfrequenz im Schlaf deutlich abnimmt, leisten Ausdauersportarten demnach einen effektiven und nützlichen Beitrag für einen besseren Schlaf. Einen direkten Einfluss auf die Entspannung des Körpers, insbesondere der Muskeln, nehmen beispielsweise Yoga, Pilates und Dehnen, welche in Kombination mit Atemübungen einen großen Effekt ausweisen. ⁸
Doch unabhängig von der Sportart ist vor allem die Regelmäßigkeit des Sporttreibens wichtig, um einen positiven und langfristigen Einfluss auf den Schlaf zu erzielen. Hierbei wird empfohlen, mindestens drei- bis viermal pro Woche moderate körperliche Aktivitäten, also leichte Anstrengungen, auszuüben. Im Falle intensiver sportlicher Aktivitäten ist darauf zu achten, diese mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen abzuschließen. Andernfalls kann die Aktivierung des Körpers durch den Sport das Einschlafen erschweren. In Bezug auf geringere Intensitäten gibt es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen physischer Aktivität vor dem Schlafengehen und einer Reduktion der Schlafqualität.⁹ Dennoch ist es ratsam, körperliche Aktivitäten bzw. Sport etwa zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen abzuschließen. Dies gibt dem Körper genügend Zeit, herunterzufahren, sich zu entspannen und auf den Schlaf vorzubereiten. Dabei können auch ein abendlicher Spaziergang oder sanftes Dehnen hilfreich sein. ¹⁰ Darüber hinaus kann im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der sportlichen Aktivität der jeweilige Schlaftyp berücksichtigt werden. Im Allgemeinen wird zwischen den sogenannten Lerchen (bzw. Frühaufsteherinnen/Frühaufstehern oder Kurzschläferinnen/Kurzschläfern) und Eulen (bzw. Langschläferinnen/Langschläfern) unterschieden. Für Personen, die tendenziell länger wach sind und spät aufstehen, bieten sich sportliche Aktivitäten eher in der zweiten Tageshälfte an. Personen, die von Natur aus früh wach sind, können hingegen ihre Energie in den Morgenstunden nutzen.
Besonders wichtig ist es jedoch, eine Sportart zu finden, die Spaß macht und zu den eigenen Bedürfnissen passt. So kann diese in den Alltag integriert und regelmäßig ausgeübt werden. Denn nur durch die Regelmäßigkeit pendeln sich die positiven Effekte auf den Schlaf ein. Unabhängig vom Sport können außerdem feste Schlafenszeiten zu einem besseren Schlaf beitragen. ¹¹ Folglich können verschiedene Routinen (sowohl die Sportroutine als auch die Abendroutine) den Schlaf positiv beeinflussen.
Einflussfaktoren auf den Schlaf
Neben Sport ist der Schlaf von vielen weiteren Faktoren abhängig, die größtenteils durch das eigene Verhalten bestimmt werden. Dazu zählen unter anderem folgende Faktoren:
Drogenkonsum: Drogen stellen eine Belastung für den Organismus dar. Bevor der Körper zur Ruhe kommen kann, versucht er den toxischen Zustand zu beseitigen oder wenigstens zu drosseln. So unterdrückt beispielsweise der Konsum von Alkohol den REM-Schlaf maßgeblich.
Koffeinkonsum: Die Koffein-Sensitivität ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dennoch hat Koffein in den meisten Fällen die gleichen physiologischen und psychologischen Effekte. Die damit verbundene Halbwertzeit von circa vier bis sechs Stunden sollte darauf schließen lassen, dass eine gewisse Zeit vor dem Schlafengehen kein Koffein konsumiert werden sollte. Je nach Menge und Zeit des Einschlafens variiert der Zeitraum stark. Grundsätzlich zeigte eine Untersuchung des Journal of Clinical Sleep Medicine, dass Koffein nicht weniger als sechs Stunden vor dem Zubettgehen eingenommen werden sollte.¹²
Künstliches Licht: Licht bzw. Lichtwellen haben einen maßgeblichen Einfluss auf den menschlichen Tag-Wach-Rhythmus. Licht wirkt in diesem Zusammenhang wie ein Muntermacher und unterdrückt Melatonin (das Schlafhormon). Sobald die Lichtexposition abnimmt, wird die Produktion von Melatonin angeregt. Hierbei spielt die Farbe des Lichts und das damit einhergehende Spektrum eine wichtige Rolle. Ein systematisches Review zeigt, dass die größte Melatonin-Unterdrückung bei blautönigem Licht auftritt. ¹³ Demnach ist es empfehlenswert, das künstliche Licht von Bildschirmen (Handy, Laptop, Fernseher etc.) in den Abendstunden zu vermeiden.
Laute Umgebung: Ein übermäßiger Geräuschpegel kann sich negativ auf die Schlafqualität auswirken. Sich in lauten Umgebungen an geräuschunterdrückende Kopfhörer oder Ohrstöpsel zu gewöhnen und diese zu verwenden, kann dabei helfen, eine ruhige Schlafumgebung zu fördern.
Hintergrundinformation zu den Expertinnen und Experten:Auf dem Gebiet der Schlafmedizin ist Prof. Priv.-Doz. Dr. med. Kneginja Richter eine der führenden Expertinnen in Deutschland. Sie ist Chefärztin bei der CuraMed Tagesklinik Nürnberg GmbH und Professorin an der Technischen Hochschule Nürnberg. Darüber hinaus leitet sie den wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin.