Proteinshakes – was bringen sie wirklich?

Group 15 14.04.2025 |    Minuten Lesezeit
Gesünder leben
Die MeterMacher

High-Protein-Produkte liegen im Trend. Vor allem sportlich aktive Menschen greifen gerne zur Extraportion Eiweiß. Wir zeigen, wie sinnvoll Proteinshakes & Co. sind.

Proteinshakes sind mittlerweile ein fester Bestandteil vieler Ernährungspläne von sportlich aktiven Menschen. Mehr noch: Sie sind inzwischen in der breiten Gesellschaft angekommen. Man findet Proteinshakes, Proteinjoghurts oder Proteinbrötchen in nahezu jedem Supermarkt. Die Deutschen geben für High-Protein-Produkte Schätzungen zufolge mehr als eine Milliarde Euro jährlich aus.

Doch was ist dran am Protein-Hype? Sind Proteinshakes & Co. für Freizeitsportlerinnen und -sportler aus wissenschaftlicher Sicht empfehlenswert oder kann man sich das Geld sparen? Das wollten wir von Dr. Eduard Isenmann wissen. Der Sportwissenschaftler, der an der IST Hochschule für Management in Düsseldorf tätig ist, hat zum Einfluss von Nahrungsergänzungsmitteln auf die Regeneration und Leistungsfähigkeit im Sport promoviert.

Herr Isenmann, warum sind Proteine überhaupt so wichtig für unseren Körper?
Proteine gehören zu den Makronährstoffen, die unser Körper täglich benötigt. Neben dem Aufbau und Erhalt der Muskulatur haben sie viele weitere Funktionen: Sie sind Bestandteile von Immunzellen, Transportmolekülen, Fingernägeln oder Haaren. Unser Körper kann Proteine nicht speichern wie Fette oder Kohlenhydrate. Daher müssen wir sie regelmäßig über den Tag verteilt aufnehmen.

Gibt es allgemeine Empfehlungen zur täglichen Proteinzufuhr?
Für gesunde Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren liegt die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.
In bestimmten Lebensphasen, etwa im Wachstum, in der Schwangerschaft oder im Alter, ist der Bedarf erhöht. Wer regelmäßig Sport treibt, hat ebenfalls einen höheren Bedarf.

Welche Empfehlungen gelten speziell für sportlich aktive Menschen?
Die International Society of Sports Nutrition (ISSN) unterscheidet zwischen Breitensport und Leistungssport. Wer zwei- bis viermal pro Woche moderat Sport treibt, benötigt etwa 0,8 bis 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Leistungssportler und -sportlerinnen brauchen mehr: Hier liegt die Empfehlung zwischen 1,4 und 2,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Erreichen die meisten Menschen diese Mengen überhaupt mit ihrer normalen Ernährung?
Tatsächlich ja. Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2015 zeigen, dass junge Erwachsene im Schnitt 100 Gramm Protein am Tag aufnehmen. Bei einem Körpergewicht von 80 Kilogramm entspricht das rund 1,25 Gramm pro Kilogramm – also völlig ausreichend für Freizeitsportler und -sportlerinnen. Frauen liegen im Schnitt bei 65 Gramm, was in Relation zum meist geringeren Körpergewicht ebenfalls in Ordnung ist.

Wie kann ich meinen individuellen Bedarf feststellen?
Am besten ist es, eine Woche lang zu tracken, was man isst. Erst wenn sich zeigt, dass der Bedarf nicht gedeckt wird, kann man über Nahrungsergänzung nachdenken.

Wie gehe ich vor, wenn ich feststelle, dass ich zu wenig Protein zu mir nehme?
Man sollte immer zuerst versuchen, die normale Ernährung anzupassen. Etwa durch proteinreiche Lebensmittel wie Quark, Käse, Hülsenfrüchte oder Nüsse. Aber klar: In stressigen Alltagssituationen kann ein Shake unter Umständen eine sinnvolle und sattmachende Ergänzung sein. Zum Beispiel für Menschen, die viel im Auto sitzen oder medizinisches Personal im OP.

Worauf sollte ich beim Kauf eines Proteinshakes achten?
Der Markt ist leider sehr intransparent. Hersteller dürfen bis zu 50 Prozent von dem abweichen, was auf dem Etikett angegeben ist. Wer sicher gehen will, sollte auf Produzenten setzen, die regelmäßig unabhängig prüfen lassen und ihre Ergebnisse veröffentlichen.

Wäre es nicht am besten, sich Proteinshakes selbst zu machen?
Absolut! Ein selbstgemixter Shake aus Magerquark, Traubensaft, Banane, Haferflocken oder etwas Avocado ist schnell gemacht und ein vollwertiger Mahlzeitenersatz.

Ist es besser, Proteinshakes vor oder nach dem Sport zu trinken?
Das hängt stark von der letzten Mahlzeit ab. Wer zwei Stunden vorher gut gegessen hat, braucht keinen Shake mehr vor dem Training. Wer aber hungrig ist oder lange nichts gegessen hat, kann mit einem Shake den Hunger stillen und die Energie für das Training sicherstellen. Nach dem Training ist ein Shake hilfreich, wenn man längere Zeit nichts essen kann.

Kann man eigentlich auch zu viel Proteine zu sich nehmen?
Bei gesunden jungen Erwachsenen zeigen Studien, dass selbst bis zu vier Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht keine bekannten negativen Effekte auf Nieren oder Leber haben. Aber: Für ältere Menschen oder Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion fehlen hierzu Langzeitdaten. Deshalb sollte man in solchen Fällen vorsichtig sein.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Isenmann.