Kleine Auszeiten im Alltag – mehr Me-Time wagen

Group 15 08.04.2025 |    Minuten Lesezeit
Bewusst entspannen
Die MeterMacher

Warum es nicht egoistisch ist, sich bewusst und aktiv um das eigene Wohlergehen zu kümmern, sondern essenziell für die Gesundheit von Körper und Seele.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, so haben viele von uns es mal gelernt. Wenn erst die Mails beantwortet sind, die Kinder versorgt, der Einkauf erledigt und die Wohnung ordentlich ist – dann ist Entspannung dran. Durchatmen, Zeit für Hobbys, Freunde und Sport. Kurz gesagt: Me-Time.

Me-Time ist ein wichtiger Bestandteil von Selbstfürsorge (Self Care). Auch wenn Influencerinnen und Influencer auf Instagram pausenlos ihre perfekt inszenierten Auszeiten präsentieren, achten viele Menschen im Alltag wenig auf das Prinzip, das zunehmend in den Fokus der Psychologie rückt. Denn wer sich immer nur um andere(s) und sich nicht gut um sich selbst kümmert, lebt auf Dauer ungesünder und unzufriedener.  

Laut WHO trägt regelmäßige Selbstfürsorge zur Stressbewältigung und Erholung bei. Aber was macht sie genau aus? „Selbstfürsorge heißt, sich mit dem eigenen Ich zu beschäftigen“, sagt Dr. Elisabeth Rauh, Chefärztin für Psychosomatik und Psychotherapie an der Schön Klinik Bad Staffelstein. „Sich selbst bedingungslos etwas Gutes zu tun, ohne Auftrag, hat daher auch nichts mit Selbstoptimierung zu tun.“ Man sollte sich dabei die gleiche Freundlichkeit, Fürsorge und Wertschätzung entgegenbringen, die man einem guten Freund oder einer lieben Freundin schenkt – sich also selbst mit Selbstmitgefühl begegnen und nicht mit Härte und Unnachgiebigkeit. 

Bei Selbstfürsorge geht es nicht nur um kurzfristige Entspannung, wie eine heiße Badewanne nach einem harten Tag, sondern um einen nachhaltigen Umgang mit den eigenen Kräften. Dazu gehören grundlegende Dinge wie gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf genau wie der Umgang mit Stress oder das Setzen von persönlichen Grenzen – also auch mal „nein“ sagen zu können, wenn der Chef zusätzliche Aufgaben verteilt. 

Selbstfürsorge stärkt die Resilienz

 In einer herausfordernden Welt ist regelmäßige Me-Time kein egoistischer Luxus, sondern eine Notwendigkeit. „Selbstfürsorge sollte für uns so selbstverständlich sein wie Zähneputzen, es ist Psychohygiene“, sagt Rauh. Denn: Mentale Gesundheit und körperliches Wohlbefinden sind untrennbar miteinander verbunden. Dauerhafter Stress, ständige Anspannung und die Vernachlässigung eigener Bedürfnisse können mit der Zeit zu gesundheitlichen Problemen wie Erschöpfung, Burnout, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen führen. 

Zudem stärkt Selbstfürsorge die Resilienz – die Fähigkeit, mit Krisen und Rückschlägen umzugehen. Wer sich regelmäßig um sich selbst kümmert, ist besser in der Lage, schwierige Situationen zu meistern. Eine Untersuchung der University of California zeigte, dass Selbstfürsorge-Strategien wie Achtsamkeit und Selbstmitgefühl signifikant mit einem höheren Maß an Zufriedenheit und Lebensqualität einhergehen.

Doch viele tun sich schwer damit, sich bewusst Zeit für sich zu nehmen ohne schlechtes Gewissen – oft aus Pflichtgefühl oder Perfektionismus. Gerade Frauen neigen dazu, die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. „Für eine gesunde Balance muss man darüber nachdenken, was man eigentlich priorisiert und warum man sich vielleicht stets hintenanstellt“, sagt Elisabeth Rauh. Auf der To-Do-Liste steht schließlich immer etwas. Das Ziel könnte sein, Arbeitsethos und Selbstfürsorge besser in Einklang zu bringen – und damit auch zu akzeptieren, dass eine Aufgabe im Job dann eben auch mal länger dauert als geplant.

Herausfinden, was guttut 

 Musizieren, sein Lieblingsessen kochen, einen guten Freund anrufen, sich den besten Matcha Latte der Stadt gönnen – Selbstfürsorge ist komplett individuell. Wichtig ist, offen und ehrlich mit sich selbst zu sein. Am besten beginnt man mit der Frage: Was brauche ich gerade wirklich? „Der Leitfaden lautet: tun, was Freude bereitet“, sagt Resilienz-Expertin Rauh. Schon kleine Dinge machen einen Unterschied.

Wer seine persönlichen Kraftquellen noch nicht kennt, kann aufschreiben, wie er oder sie sich nach bestimmten Aktivitäten fühlt. Welche Momente bringen echte Freude, Entspannung oder Energie? Wo vergisst man die Zeit? Es lohnt sich auch, ein neues Hobby auszuprobieren oder sich zu erinnern, was man früher geliebt hat: Malen, Fotografieren, Tennis, Kochen oder Spieleabende mit Freunden. Nicht vergessen: Von Me-Time-Auszeiten profitiert man nicht allein. Nur wem es selbst gut geht, der kann auch für Familie und Freunde da sein.